RADIS-Tagung in Berlin am 19. Mai 2022

Radikalisierung verstehen, vorbeugen und begegnen – unter dieser Überschrift laden wir herzlich zu einer Arbeits- und Vernetzungstagung in Berlin ein, wo wir neben der Vorstellung eines Policy Papers auch über die Konsequenzen des Kriegs in der Ukraine sprechen wollen.

 

 

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Extremismus- und Radikalisierungsphänomene prägen die gesellschaftlichen Herausforderungen in Deutschland und vielen anderen Ländern. Eine Bedrohung durch islamistische Anschläge scheint gegenwärtig zwar kaum vordergründig, doch auch unabhängig von konkreten Anschlägen und Ereignissen werden Extremismen, derzeit insbesondere der Rechtsextremismus, von der Bevölkerung Deutschlands als massive Bedrohung wahrgenommen. Es handelt sich um gesellschafts- und sicherheitspolitische Herausforderungen, die das Lokale mit dem Transnationalen und Internationalen verbinden. Transnational und teils global agierende islamistische und rechtsextreme Netzwerke zeigen dies deutlich. Die ganze Bandbreite der inter- und transnationalen Dimension wird nicht zuletzt mit Blick auf die Ukraine offensichtlich: Die Destabilisierung der Ostukraine durch hybride Kriegsführung und Mobilisierung extremistischer Gruppen durch russische Einflussnahme seit nun fast zehn Jahren hat Auswirkungen auf alle europäischen Gesellschaften. Der Angriff Russlands auf die Ukraine wird auch Auswirkungen auf weitere Extremismus- und Radikalisierungsphänomene haben, deren Dynamiken nur im Zusammenspiel verschiedener wissenschaftlicher Blickwinkel verstanden und im Austausch zwischen Politik, Öffentlichkeit und Wissenschaft zu bewältigen sein werden.

Extremistische Gruppen greifen Gesellschaften, ihre Normen und Werte, Institutionen, ihre Sicherheitsarchitektur und vor allem ihre Zivilgesellschaft an. Sie destabilisieren den innergesellschaftlichen Frieden, insbesondere dann, wenn sie neue Formen der Rekrutierung, Mobilisierung und Vernetzung entwickeln, die noch nicht gut erkannt und von Präventions- und Interventionsprojekten schwer angesprochen werden können. Zudem interagieren extremistische Gruppen und reagieren aufeinander, sodass sich neue Formen von (Co-)Radikalisierung ergeben. Dabei erreichen sie über digitale oder lokale Vernetzungen auch Menschen aus der Mitte der Gesellschaft.

Im Rahmen der BMBF-Förderlinie »Gesellschaftliche Ursachen und Wirkungen des radikalen Islam in Deutschland und Europa« forschen zwölf Forschungsprojekte zu diesen Facetten und bilden zusammen das RADIS-Forschungsnetzwerk. Der Fokus der Projekte ist zwar auf den Islamismus gerichtet, gleichzeitig nehmen die Projekte aber auch andere Phänomenbereiche, deren Wechselwirkungen sowie allgemein Fragen zur Entwicklung, Prävention und Intervention von Radikalisierungsprozessen in den Blick. Eine gemeinsame Frage ist dabei auch, welche Bedeutung die Forschungserkenntnisse für die politische Steuerung haben. Wo ist Politik gefordert? Wo muss sie umsteuern, wenn es um die Analyse, Prävention und Intervention von Radikalisierungsphänomenen geht? Wo vertut sie sich vielleicht, und wo sehen Forschung wie Praxis geeignete Wege für Frieden und Zusammenhalt?

Das sind die zentralen Fragen der öffentlichen Arbeits- und Vernetzungstagung von RADIS. Es soll ein Forum sein für wissenschaftliche, behördliche, zivilgesellschaftliche und politische Akteure, die mit einem engen wie weiten Blick auf Phänomene der islamistischen Radikalisierung ihr Wissen, ihre Fragen, ihre Lösungsvorschläge zusammenführen und gemeinsam diskutieren.

Im Fokus der Tagung stehen

  • der Austausch über aktuelle Erkenntnisse und Fragen der Extremismus- und Radikalisierungsforschung – nicht zuletzt im Hinblick auf aktuelle politische und gesellschaftliche Herausforderungen, wie sie sich durch die Destabilisierung der Ukraine oder durch die Bewältigung der Pandemie stellen,
  • eine Abendveranstaltung mit einem Blick über Deutschland hinaus nach Europa
  • die Vorstellung und Diskussion des RADIS Policy Papers 2022 basierend auf ersten Erkenntnissen aus dem RADIS-Forschungsnetzwerk.

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Tagungsprogramm

14:30Anreise und Registrierung
15:00Begrüßung
  • Philipp Offermann, Leibniz-Institut Hessische Stiftung Friedens- und Konfliktforschung (HSFK)
  • Maike Koops, Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF)
15:15Vorstellung des RADIS Policy Papers 2022 »Was wissen wir und was können wir tun im Umgang mit Islamismus in Deutschland?«
Julian Junk, Leibniz-Institut Hessische Stiftung Friedens- und Konfliktforschung (HSFK)
15:30Einordnung in das aktuelle Konfliktgeschehen – ein Kommentar zum RADIS Policy Paper 2022
Andreas Zick, Institut für interdisziplinäre Konflikt- und Gewaltforschung (IKG), Universität Bielefeld
15:45Plenumsgespräch zu Herausforderungen und Handlungsoptionen im Themenfeld Extremismusprävention und gesellschaftlicher Zusammenhalt in Deutschland nach dem Angriff Russlands auf die Ukraine
  • Serap Güler, MdB
  • Petra Pau, MdB
  • Susanne Pickel, Institut für Politikwissenschaft, Universität Duisburg-Essen

Moderation: Julian Junk, HSFK

 Kurze Pause
17:15

Projektspots aus dem RADIS-Forschungsnetzwerk

  • Liriam Sponholz (RaMi/DeZIM): »Medienaufmerksamkeit für den Islam und Muslim:innen: Anlässe und Dynamiken im öffentlichen Diskurs in Westeuropa (2000-2020)«
  • Gerrit Hirschfeld (OKAI/FH Bielefeld): »Krisenkommunikation muslimischer Organisationen«
  • Fatma Aydinli & Tarek Badawia (Wechselwirkungen/FAU): »Islamischer Unterricht in Wechselwirkungen islamistischer Radikalisierung im gesellschaftlichen und politischen Kontext. Fallstudie: Bayern«
 
18:00Empfang
19:00

Podiumsdiskussion »Europa nach dem Angriff auf die Ukraine – im Umgang mit Extremismus vereint oder gespalten?« (Arbeitstitel)
Extremismus und Terrorismus werden als besonders große Herausforderungen für europäische Gesellschaften betrachtet. Dies ist auch nach dem russischen Angriff auf die Ukraine der Fall. Es stellen sich gerade dadurch neue Herausforderungen für die Extremismusprävention. Sie sind ein weiterer Ausdruck für die komplexen Aufgaben, die sich aus der Globalisierung des digitalen und analogen Extremismus und aus den schnellen Veränderungen und der zunehmenden Komplexität extremistischer Phänomene ergeben. Auch im Umgang mit der Pandemie traten und treten neue Formen extremistischer Netzwerke auf. Das Credo »Europa muss den Angriffen auf seine Demokratien gemeinsam begegnen« scheitert allerdings oft an nationalen Interessen, rechtlichen Grenzen wie einer mangelnden Kooperationsstruktur. Dies mag weniger für Behörden und strafrechtliche Verfolgung gelten, doch für die Frage, welchen Gefahren die europäischen Zivilgesellschaften ausgesetzt sind, fehlt es an Verständigung. Welchen Herausforderungen stehen die europäischen Länder durch welche Formen von Extremismus und Radikalisierung gegenüber? Welche Rolle spielen hier staatlich beeinflusste, aber klandestine Mobilisierungs- und Destabilisierungskampagnen, beispielsweise mit Ursprung in Russland? Was funktioniert in der Kooperation und Verständigung über Fragen von Prävention und Intervention? Was braucht es, um Zivilgesellschaften noch besser vor Angriffen zu schützen und der Entstehung von Radikalität in den Zentren der Gesellschaft zu begegnen?

Darüber reden und diskutieren wir mit

  • Yasemin El-Menouar, Bertelsmann Stiftung
  • Naika Foroutan, Humboldt-Universität zu Berlin, BIM / DeZIM
  • Judy Korn, Violence Prevention Network (vpn)
  • Peter Neumann, King’s College London

Moderation: Andreas Zick, Universität Bielefeld, IKG