Leitung:
Wissenschaftliche Mitarbeiter:innen:
Laufzeit: 10/2020 – 09/2023
Das Projekt OKAI untersuchte mithilfe von Forschungsansätzen der Krisenkommunikation die Reaktionen muslimischer Verbände auf islamistische Anschläge in Deutschland. Im Fokus stand die Frage danach, wie diese Organisationen besser auf Terrorismus reagieren und damit negative Effekte auf ihre Außenwahrnehmung abfedern können.
Die derzeit am weitesten verbreitete Theorie der Krisenkommunikation ist die Situational Crisis Communication Theory (SCCT). Diese zeigt, dass Organisationen durch den Umgang mit Krisen beeinflussen können, ob sich das Ereignis negativ auf ihre Reputation auswirkt – gerade, wenn sie nicht selbst für die Krise verantwortlich sind. Das Projekt OKAI nimmt an, dass auch ein Terroranschlag als eine solche Krise angesehen werden kann. Bisher wurde jedoch kaum auf die Ansätze der Krisenkommunikation zurückgegriffen, um Reaktionen nach Anschlägen zu untersuchen und zu optimieren. Diese Lücke sollte durch OKAI geschlossen werden.
In einem ersten Schritt wurde der aktuelle Status Quo der Krisenkommunikationsstile von muslimischen Organisationen nach Anschlägen untersucht. Hierbei zeigt sich ein sehr heterogenes Bild. Auf der einen Seite gibt es einige Verbände, die sehr regelmäßig und zu fast allen Anschlägen Stellung nehmen. Auf der anderen Seite gibt es aber auch viele kleinere Verbände, die sich zu keinem der Anschläge oder nur sehr wenigen äußern. Betrachtet man die eingesetzten Krisenkommunikationsstile, zeigt sich sehr häufig, dass die muslimischen Verbände die gesamtgesellschaftliche Verantwortung für die Vorfälle in den Vordergrund rücken und auf religiöse Motive zurückgreifen.
Aufbauend auf diesen Ergebnissen gingen die Forschenden der Frage nach, wie sich die Reaktionen auf Anschläge optimieren lassen. In einer Serie von Eye-Tracking und Online-Experimenten mit mehreren tausend Teilnehmern untersuchte das Team, ob und wie sich durch Stellungnahmen die Einstellungen gegenüber muslimischen Verbänden, Muslimen und dem Islam als Religion ändern.
Die Ergebnisse zeigen den positiven Effekt einer aktiven Krisenkommunikation. Dabei waren die Einstellungen gegenüber Verbänden und teilweise auch gegenüber Muslim:innen positiver, wenn sich ein muslimischer Verband nach einem Anschlag mit islamistischem Hintergrund zu diesem äußerte. Die negativsten Reaktionen der Teilnehmenden zeigten sich, wenn die Beschreibungen des Anschlags den expliziten Hinweis enthielten, dass ein Verband um einen Kommentar gebeten wurde, diesen aber verweigerte. Demgegenüber waren die Unterschiede zwischen unterschiedlichen Krisenkommunikationsstilen deutlich subtiler.
Das Projekt diskutierte gemeinsam mit muslimischen Verbänden seine Erkenntnisse und erstellte daraus konkrete Handlungsempfehlungen für muslimische Organisationen und Verbände, um diese in ihrer Kommunikation nach Anschlägen zu unterstützen. Auf wissenschaftlicher Ebene sind die Ergebnisse in Form von bisher drei englischsprachigen Fachaufsätzen publiziert worden.
Film "Das Projekt OKAI" | Länge 2"12' | Realisation Ute Seitz // Philipp Offermann | PRIF 2023
Diese Handreichung richtet sich vor allem an muslimische Religionsgemeinschaften, Dachorganisationen, Verbände und Gemeinden. Sie sind im gesellschaftlichen Dialog, im Umgang mit aktuellen gesellschaftlichen Herausforderungen und im Kampf gegen Terror und Extremismus ein wichtiger Partner und stehen als Sprachrohr für die muslimischen Gemeinden in der Öffentlichkeit. Einige Ergebnisse und Handlungsempfehlungen dieser Handreichung werden PraktikerInnen bekannt vorkommen, dennoch hoffen wir durch unsere Forschungsergebnisse neue Erkenntnisse zu vermitteln und durch die praktischen Arbeitshilfen einen Mehrwert für die Kommunikation nach extremistischen Anschlägen zu schaffen. Zur Handreichung.