Projektposter

Eckdaten

Leitung: 

  • Prof. Dr. Margit Stein, Universität Vechta, Fakultät für Allgemeine Pädagogik

Wissenschaftliche Mitarbeiter:innen:

  • Alexandra Schramm

Laufzeit: 11/2020 - 01/2025

Aktuelle Publikationen

  • Schramm, Alexandra/Stein Margit/Zimmer, Veronika (2025): Familiäre Bindungskrisen in Kindheit und Jugend als Radikalisierungsfaktoren – eine qualitative Interviewstudie im Kontext der islamistischen Radikalisierung. In: Staats, Martin/Wassermann, Dirk/Friele, Boris/Kart, Mehmet/Knothe, Holger/Rieger, Jens/Schomers, Bärbel/Sen, Katrin (Hg.): Soziale Arbeit zwischen Krise und Kritik. Beltz Juventa, 264-283
  • Stein, Margit/Schramm, Alexandra/Zimmer, Veronika (2024): Vorbereitung auf die Auseinandersetzung mit islamistischer Radikalisierung und deren Prävention im späteren Arbeitskontext – eine Interviewstudie mit Studierenden der Islamischen Theologie und Religionslehre in Deutschland. Theo-Web, 23 (2), 238-266. [Download]
  • Schramm, Alexandra/Stein, Margit/Zimmer, Veronika (2024): Wirkungen von (familiärer) Religiosität auf soziale Werteorientierung und demokratische Grundhaltung. In: THEO WEB Zeitschrift für Religionspädagogik 23(1), 327–354. [Download]

Ursachen und Wirkungen des radikalen Islams aus Sicht islamischer Theolog*innen (UWIT)

Die systematische Erfassung von Haltungen und Expertisen von (angehenden) islamischen Theolog*innen zu Ursachen und Wirkungen des Islamismus in Deutschland

Ursachen und Wirkungen des radikalen Islams aus Sicht (angehender) islamischer Theolog:innen (UWIT) 

Im Fokus des Projekts UWIT steht die systematische Erfassung der Expertisen von (angehenden) islamischen Theolog:innen zu Ursachen und Wirkungen des Islamismus in Deutschland und zur Rolle des islamischen Religionsunterrichts in der Prävention von religiöser Radikalisierung.

Islamische Theolog:innen nehmen zweifellos eine wichtige Rolle als Multiplikator:innen ein: Als Lehrkräfte oder Geistliche prägen sie die politischen und religiösen Einstellungen von Muslim:innen – ob in Kontexten wie dem islamischen Religionsunterricht oder der religiösen Unterweisung in Moscheen. Dennoch fehlt bislang eine wissenschaftliche Untersuchung ihrer Perspektiven zu den Ursachen und Wirkungen von Islamismus und dessen Prävention. Das Projekt UWIT hat diese Forschungslücke geschlossen und trägt damit wichtige Perspektiven zur Frage bei, wie die Sozialisation, Erziehung und Bildung junger Muslim:innen gestaltet wird und wohin sie sich aus Sicht der Theolog:innen entwickeln sollte.

In der ersten Projektphase führte UWIT qualitative Interviews durch, befragt wurden dabei Dozierende und Studierende der islamischen Theologie mit und ohne Lehramtsoption an insgesamt 11 der 13 Standorte für Islamische Theologie. So erhob das Projekt systematisch den Blick von (angehenden) Theolog:innen auf Ursachen und Wirkungen des Islamismus in Deutschland sowie deren Ansätze zur Radikalisierungsprävention. In einer Literatur- und Dokumentenanalyse erfasste UWIT außerdem die Modulhandbücher der Institute und Zentren für Islamische Theologie hinsichtlich der Frage, wie dieses Thema dort in der Lehre aufgegriffen wird. Zudem wurde eine deutschlandweite stratifizierte Befragung bei Studierenden sozialwissenschaftlicher Fächer (etwa Soziale Arbeit, Lehramt, Erziehungswissenschaften, Psychologie) umgesetzt. Dabei wurde untersucht, wie Themen wie Interkulturalität, Demokratiepädagogik, rassismuskritische Bildung sowie politische und religiöse Radikalisierung und deren Prävention im Studium behandelt werden und welche weiteren Bedarfe es in diesem Bereich gibt.

In der zweiten Projektphase wurden die Forschungsergebnisse praxisnah aufbereitet und in Workshops und Fortbildungen zu islamistischer Radikalisierung umgesetzt. Zielgruppe war dabei die Lehrenden an Universitäten aber auch Personen aus Schule, Sozialarbeit, Präventionspraxis und muslimischen Gemeinden. In einer Roadmap wurde aufgezeigt, wie sich Radikalisierung vollzieht, wie sie erkannt und verhindert werden kann. Das Projekt UWIT erprobte und evaluierte diese Formate und publizierte sie im open access.

Hauptergebnisse

Die Dozierenden zeigen insgesamt ein sehr differenziertes Verständnis der Faktoren, die Radikalisierung auf der Mikro-, Meso- und Makroebene beeinflussen. Im Gegensatz dazu neigen die Studierenden oft noch zu vereinfachten, naiv-psychologischen Erklärungen. Beide Gruppen betonen die zentrale Bedeutung des islamischen Religionsunterrichts für die Prävention von Radikalisierung. Insbesondere heben sie hervor, dass der Unterricht durch die Vermittlung reflexiver Kompetenzen und die Möglichkeit, in einer vertrauensvollen Atmosphäre lebensweltliche und religiöse Fragen zu diskutieren, einen wichtigen Beitrag leisten kann. Sie unterstreichen darüber hinaus die die Rolle der Schule als Gesamtes für die Prävention. 
 
Gemäß den Dokumentenanalysen und den Gesprächen mit Dozierenden wird das Thema der Radikalisierung im Studium der Islamischen Theologie meist eher indirekt aufgegriffen. Auf Basis von persönlichen Erfahrungen mit Radikalisierung äußerten die Studierenden den Wunsch nach praxisnahen Workshops. Die deutschlandweite Befragung von Studierenden weiterer Fachrichtungen belegt, dass demokratiepädagogische Anteile insgesamt zu wenig beachtet werden. Dies gilt insbesondere für das Lehramtsstudium – trotz der Relevanz von Schule für die Prävention.


Film "Das Projekt UWIT" | Länge 2"19' | Realisation Ute Seitz // Philipp Offermann | PRIF 2022

An den Instituten und Zentren für islamische Theologie finden wir sehr viel Expertise, die in der Radikalisierungsforschung bisher noch kaum zu Wort kam“, sagt Prof. Dr. Margit Stein. Ihr Projekt UWIT – Ursachen und Wirkungen aus Sicht islamischer Theolog:innen möchte das nun ändern. Im Interview schildert sie Erkenntnisse zu den präventiven Einflüssen des islamischen Religionsunterrichts auf Jugendliche und erläutert erste Hypothesen darüber, wie es gelingen kann, diesen Effekt durch die Ausbildung der Lehrkräfte noch zu verstärken.