RADIS Transfer- und Abschlusstagung 2025

Nach über vier Jahren intensiver Forschung präsentierte das RADIS-Forschungsnetzwerk seine Ergebnisse einem vielfältigen Publikum aus Wissenschaft, Fachpraxis, Medien und Politik. Die Abschluss- und Transfertagung fand am 8. April in der Leibniz-Gemeinschaft in Berlin statt.

Eröffnet wurde die Konferenz mit einem Grußwort des Bundesministers für Bildung und Forschung, Cem Özdemir, und einleitenden Worten von Julian Junk, Leiter des Transferprojekts RADIS. „Jede Veränderung beginnt mit dem Erkennen der Ursachen“, sagte Özdemir. Dafür brauche es keinen Aktionismus, sondern nachhaltige Konzepte. Die langjährige Forschung von RADIS liefere hierfür wichtige Impulse. Der Minister kündigte an, dass das Forschungsministerium in den kommenden Jahren weitere 15 Millionen Euro für die Islamismusforschung bereitstellen wird.

Julian Junk verwies in seinen einleitenden Worten auf den langen Weg der Islamismusforschung, der schon viele Erkenntnisse hervorgebracht hat. Zugleich bestehen erhebliche Forschungslücken, insbesondere zu den Wechselwirkungen von Radikalisierung, Rassismus, Diskriminierung und sozialer Ausgrenzung. Sowohl Özdemir als auch Junk betonten daher, dass die Auseinandersetzung mit dem Phänomen Islamismus kein Randthema sei, sondern zentral für unsere Demokratie.

Im ersten Panel diskutierten Naika Foroutan (DeZIM-Institut / Projekt D:Islam), Eva Herschinger (CISS), Sebastian Kurtenbach (FH Münster/Projekt RadiRa) und Thomas Mücke (VPN) die Erkenntnisse aus vier Jahren Forschung und die Relevanz der Islamismusforschung. Die Panelist:innen waren sich einig über den Nutzen von weitreichender Vernetzung innerhalb der Forschung und mit Praxis, Politik und Gesellschaft. RADIS als „Netzwerk der Netzwerke“ wurde hier als positives Beispiel hervorgehoben. Naika Foroutan betonte, dass eine enge Verknüpfung von Grundlagenforschung und Fachpraxis unerlässlich sei. Nur so könne die Forschung zeitnah auf gesellschaftliche Entwicklungen reagieren.

In der anschließenden Session wurde das breite Spektrum des RADIS-Forschungsnetzwerks deutlich: Die 12 Projekte präsentierten ihre Ergebnisse in kurzen Pitches, moderiert von Shaimaa Abdellah (RADIS). Bei Kaffee und Kuchen fand ein intensiver Austausch zwischen Forschung, Praxis, Politik und Sicherheitsbehörden statt. Angeregt wurden die Gespräche durch Poster, die auf den jeweiligen Projektseiten hier auf der RADIS-Webseite abrufbar sind.

Lars Wiegold (RADIS) und Sina Tultschinetski (RADIS) moderierten die darauf folgende Fishbowl. Expert:innen beleuchteten in rotierender Besetzung die Leitfrage: Was können wir gegen Radikalisierung tun - und was braucht es dafür? Götz Nordbruch (ufuq.de), Gert Pickel (Universität Leipzig/Projekt RIRA) und Aisha-Nusrat Ahmad (WinRa / DeZIM-Institut) sprachen über blinde Flecken in der Forschung. Häufig werde die Komplexität muslimischen Lebens in Deutschland ausgeblendet. Ein tieferer Austausch über die Verflechtungen zwischen Islamismus und antimuslimischem Rassismus sei daher immens wichtig, betonte Ahmad. Es sei außerdem entscheidend, positive Narrative gegen Radikalisierungstendenzen zu schaffen. Dies führte direkt zur Frage nach Handlungsbedarfen, mit der sich Svetla Koynova (VPN), Jörn Thielmann (FAU Erlangen-Nürnberg/Projekt Wechselwirkungen) und Jens Ostwald (IU Internationale Hochschule) auseinandersetzten. Die strukturelle Anerkennung muslimischer Vereine könne als Radikalisierungsprävention wirken, so Thielmann. Außerdem diskutiert wurden die Relevanz des digitalen Raums und geschlechtsspezifische Zugänge in der Radikalisierungsforschung und -prävention. 

Über Wissenstransfer diskutierten in der dritten Fishbowl-Runde Matthias Heider (IDZ Jena), Juliane Kanitz (i-unito) und Jamuna Oehlmann (BAG RelEx). In der Zivilgesellschaft sei der Handlungsdruck spürbar, so Jamuna Oehlmann. Lehrkräfte etwa seien häufig überfordert. Hier könne die Forschung mit wissenschaftlich fundierten Leitfäden unterstützen. Angesichts drohenden Wissensverlusts und kurzer Projektlaufzeiten in Wissenschaft und Praxis sei es zudem entscheidend, nachhaltige Strukturen zu etablieren, um langfristig Wirkung zu erzielen.

Das Abendpodium wurde von der Journalistin und Fernsehmoderatorin Vivian Perkovic moderiert. Gemeinsam mit Petra Pau (Vizepräsidentin des Deutschen Bundestages a.D., Die Linke), Susanne Pickel (Universität Duisburg-Essen/Projekt RIRA), Ye-One Rhie (Forschungspolitische Expertin, SPD) und Andreas Zick (IKG, RADIS) diskutierte sie, welche Schritte es braucht, um Islamismus adäquat zu begegnen. Deutlich wird: Islamismus ist globaler, digitaler und jünger geworden und braucht gesamtgesellschaftliche Antworten. In digitalen Räumen muss verstärkt auf Prävention gesetzt werden, aber auch Schulen sollten besser auf den Umgang mit den verschiedenen Formen des Extremismus vorbereitet werden. Islamismus ist ein ernstzunehmendes Phänomen, gleichzeitig darf Rechtsextremismus nicht aus dem Blick geraten, betonte Andreas Zick. 
 
Die Erkenntnisse des Tages wurden schließlich bei Häppchen und Getränken weiter diskutiert. Damit ging nicht nur die Tagung zu Ende, sondern auch eine mehrjährige  Forschungs- und Vernetzungsarbeit, deren Ergebnisse zeigen, wie wichtig der kontinuierliche Austausch zwischen Wissenschaft, Praxis und Politik für wirksame Prävention ist. 
 
Wir bedanken uns für die gelungene Abschlussveranstaltung und die rege Teilnahme.

Das Programm der Tagung finden Sie hier.


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Impressionen

Kurzfassung des RADIS-Sammelbandes (im Erscheinen)